Spiritualität & Jagd- eine Hommage an meinen Großvater
- Silke

- 30. Nov.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Dez.
Was die Jagd für mich bedeutet – geprägt durch meine Familie und mein Leben

Meine Kindheit und die Wurzeln meiner Naturverbundenheit
Ich beschäftige mich seit meiner Kindheit mit der Jagd – mein Urgroßvater war Jäger, mein Großvater war Jäger. Von ihm habe ich sehr viel über die Tiere im Wald und die Natur gelernt. Er war einer der mitfühlendsten und gleichzeitig mutigsten Menschen, die ich kenne.Meine Liebe zur Natur und zu den Tieren wurde maßgeblich durch meine Familie geprägt.
Ich wuchs auf dem Land auf. Wir hatten immer Tiere, einen riesigen Nutzgarten, Streuobstwiesen … und ich war mit meinen Großeltern und meinen Eltern sehr viel in der Natur unterwegs. Schon als Kind waren der Wald und die Felder für mich magisch. Ich konnte stundenlang draußen spielen.
Der Kosmos und die Zusammenhänge faszinierten mich schon als kleines Mädchen, und ich begann früh darüber nachzudenken und Fragen zu stellen – was auch meine Eltern sehr erstaunte.
Jugendzeit, Spiritualität und der Umgang mit der Endlichkeit
Als Teenager begann ich, mich mit den großen Fragen des Lebens zu beschäftigen, mit dem dahinter Verborgenen und auch mit der Endlichkeit. Spiritualität begleitete mich schon immer. Ich konnte gut in der Stille der Natur sein, aber genauso gern Partynächte genießen.Ich kann das Leben in vollen Zügen genießen, aber ich weiß auch um seine Grenzen.
Auch beruflich – als MTRA in der Radioonkologie und als Shiatsupraktikerin – begegne ich oft dem Leid und dem Tod. Und ich habe mich nie davor gedrückt, Menschen, die mir sehr wichtig waren, im Sterbeprozess zu begleiten und selbstverständlich auch dabei zu bleiben, wenn meine Tiere eingeschläfert werden mussten – schon als Kind.
Für mich war immer klar: Das gehört unverhandelbar dazu.Wegzuschauen, mich zu drücken, die Verantwortung abzugeben – das wäre für mich derart feige und absolut unnatürlich im wahrsten Sinne des Wortes.Aber ich verstehe auch, wenn das nicht jedem möglich ist!
Der Tod meines Vaters – ein prägender Wendepunkt
Einem geliebten Menschen beizustehen, in dem Moment, in dem er gehen muss, ist schier unerträglich.Ich hatte das Privileg, dabei zu sein, als mein geliebter Vater zu Hause gestorben ist.
Auch wenn es ein traumatisches Erlebnis für mich war, sehe ich es als großes Glück, dass mein Vater im Kreis seiner Lieben sterben konnte – nicht in irgendeinem Krankenhauszimmer.
Das war einer der einschneidendsten Momente meines Lebens.Nichts ist seitdem wie zuvor.Und ich glaube, das war der Moment, in dem ich tatsächlich erwachsen wurde, obwohl es erst zehn Jahre her ist.
Und: Der Tod hat absolut nichts Romantisches.
Was das alles mit der Jagd zu tun hat
Ich habe mir schon viele Gedanken gemacht. Möglicherweise wirkt in mir etwas aus meiner Herkunftsfamilie nach – Loyalität zu meiner Sippe, zu meinem Opa, meinem Urgroßvater. Vielleicht liegt es auch in meinen Genen. :-)
Mir würde es gefallen, auf die Jagd zu gehen, die ganze Arbeit rund um die Jagd auszuführen, wenn ich dann nur nicht schießen müsste...:-) Ich wäre dafür schlicht und ergreifend zu feige , und würde es nicht übers Herz bringen, ein Tier zu erlegen.
Und gerade deshalb habe ich größten Respekt vor dem Jäger oder der Jägerin, der oder die das kann!
Mein Urgroßvater hatte 36 Jahre lang die Jagd in unserem Gebiet. Mein Opa ging dort mit seinem Vater zur Jagd. Und als mein Opa im Krieg auf Heimaturlaub kommen konnte – oder auch nach dem Krieg, als alles besetzt war – hat die Jagd dafür gesorgt, dass meine Mutter und ihre Brüder nie Hunger leiden mussten.
Die Jagd wurde dann natürlich enteignet, und es war verboten, für ihn zur Jagd zu gehen.
Mein Opa hat trotzdem unter Einsatz seines Lebens gejagt – illegalerweise.In dem Moment war es offiziell Wilderei.
Mein Onkel erzählte mir einmal, dass Opa eine Wildsau erlegt hatte und diese dann im Wald versteckte. Nachts musste mein Onkel mit ihm in den Wald, bei schwerem Gewitter, um die Sau heimlich heimzutragen.Er war ein Bub von 12, 13 Jahren und hatte riesige Angst vor dem Blitz.Mein Opa hätte immer nur gesagt: „Komm, geh weiter …“
Die Sau war so schwer, sie trugen sie über einen Stock gehängt und haben sie dann durchs Küchenfenster, dass hinter dem Haus Richtung Garten war, ins Haus geschmuggelt.
Ich erinnere mich daran, wie mein Opa, als er schon weit über 80 und fast erblindet war, ein Reh vorschriftsmäßig aus der Decke geholt und ausgenommen hat.Er war so stolz. Das rührt mich heute noch zu Tränen.
Ein Jäger mit Haltung – und was ich von ihm lernte
Mein Großvater war ein Jäger, aber er hatte ein sehr gerechtes, ethisches Verständnis vom Leben.Und so wie er ein Tier erlegen konnte, konnte er genauso gut entscheiden, es nicht zu tun. Für ihn bedeutete Jagd nie, einfach etwas abzuknallen.
Er beobachtete mit mir die Jungfüchse am Bau, die Greifvögel in der Luft – er kam nie auf die Idee, etwas zu erlegen, das man nicht essen konnte.
In seinem ganzen Leben schoss er drei Füchse – und die waren krank.
Er zeigte mir die Wechsel im Wald. Er ging jede Wiese mit einer stoischen Ruhe vorm Mähen ab.
Damals gab es keine Drohnen , die man heute für die Rehkitzsuche einsetzt.
Er ist für mich das Ideal eines Jägers, der mit Verstand und Mitgefühl in der Natur unterwegs war.
Gesellschaftliche Kritik an der Jagd
Gerade die Jagd ist ein Thema, das in der Gesellschaft stark kritisiert, ja oft diffamiert wird.
Ja, es gibt Jäger, die wenig Achtung vor Wildtieren haben, deren Lebensraum als ihren Besitz ansehen und denen das Leben eines Tieres wenig wert ist.Diese Haltung ist unterirdisch – keine Frage. Aber solche Menschen gibt es nicht nur unter den Jägern.
Es gibt auch viele Jäger, die naturverbunden sind, tierlieb, empathisch, respektvoll und die Jagd mit großer Verantwortung ausüben.Jäger, denen das Wohl des Tieres wichtig ist und die Tierleid verhindern.Jäger, die Verantwortung übernehmen – für ihr Tun und die daraus entstehenden Konsequenzen.
Das ist vielen Kritikern nicht bewusst. Die Stimmen dieser Jäger werden kaum gehört.
Über Polarisierung, Egozentrik und Spiritualität
Meiner Ansicht nach liegt das an mangelnder Aufklärung, Halbwissen, Desinteresse und der Intoleranz unserer Gesellschaft, sich tiefer mit komplexen Themen auseinanderzusetzen.
Es ist immer leichter, etwas abzulehnen, das man nicht versteht oder das nicht den eigenen Überzeugungen entspricht.
Diese Egozentrik breitet sich immer mehr aus: Die Welt soll bitte so funktionieren, wie man selbst es möchte.Doch dieses Schwarz-Weiß-Denken führt nicht zu einer besseren Welt – es spaltet, trennt und erzeugt Misstrauen.
Das soll ein Impuls sein – für dich und für mich:Hinterfrage, wo du polarisierst, statt innezuhalten, zuzuhören und Verbindung herzustellen.
Spiritualität bedeutet nicht, zu meditieren, Yoga zu machen, Federn in alle Himmelsrichtungen zu werfen und Kakaozeremonien zu veranstalten – auch wenn ich manche Methoden und Rituale auch sehr liebe und selbst mache...Für mich bedeutet Spiritualität, verbunden zu sein mit dem Kosmos, dem großen Ganzen, dem Göttlichen – wie auch immer du es nennst.Und es bedeutet, nicht in der eigenen Vorstellung von richtig und falsch stecken zu bleiben.
Ein Appell – egal ob Fleischesser, Veganer oder Vegetarier
Wenn du Fleisch isst, beschäftige dich intensiv damit – und verdränge nicht den Prozess, der passiert, bis dein Steak auf dem Teller liegt.
Und frage Dich auch, ob es denn notwendig ist, mehrmals pro Woche Fleisch zu essen.. und was es bereits verändern könnte, den Konsum zu reduzieren und dafür hochwertiges Fleisch zu kaufen, und dich zu informieren wo das Fleisch herkommt,wie das Tier gelebt hat,wie und wo es gestorben ist.
Ich bin überzeugt,wenn die breite Masse damit bewusster umgehen würde, dann könnte man sehr viel Tierleid verhindern.
Wenn du Veganer oder Vegetarier bist, reflektiere ebenfalls:Was frisst dein Haustier?Wie fährst du nachts durch die Straßen?Siehst du den Igel?Was tust du, wenn ein Reh sich beim Drüberspringen in Deinem Gartenzaun aufspiesst- lässt Du es zappeln, bis es tot ist?
Welche Kette zieht eine vegane oder vegetarische Lebensweise nach sich?
Vielleicht würde sich in der Summe viel verbessern, wenn wir alle bewusster miteinander umgehen würden, bewusster konsumieren würden und – statt zu polarisieren – den Dialog suchen, uns austauschen und uns bilden würden.
Peace!






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